Betrachtungen

Randbemerkungen zu verschiedenen Themen
 

 

Marotten in TV und Radio, die ich gar nicht mag
(20.09.2021)

Morgens schalte ich so das Radio an, WDR5. Kurz vor der vollen Stunde übergibt eine Moderatorin an einen Moderator der nachfolgenden Sendung, und schon zucke ich zusammen. Warum? Weil ich diese unerträgliche Fröhlichkeit am Morgen, die da zelebriert wird, nicht ertrage. Da wird so lautstark gelacht und gekichert, dass es seine Art hat und dass ich denken muss: was haben die geraucht oder eingeworfen? ("And goes running for the shelter of her mother's little helper.") Eine gute Moderation ist eine Kunst. Manchmal aber eben zu lebhaft, zu laut. Einige Moderationsmenschen sprechen so, als ob sie einen ganzen Konzertsaal beschallen müssten. Erschreckend. Andere dagegen flüstern fast, als ob sie ein Geheimnis mitzuteilen haben oder als ob sie mir als Hörer intim ganz nah sein wollten. Was ich ich unangenehm finde. Ja,ja... man kann es mir nie recht machen.

Weg von der Moderation und zu gebauten Beiträgen. Eine Unkultur ist es oft, Beiträge mit Musik zu unterlegen. Das kann durchaus mal Sinn machen. Aber in den meisten Fällen werden Komponisten und Musiker richtiggehend missbraucht. Eine kurze Passage aus einer Musikproduktion wird sekundenlang unter einen Sprechertext gelegt, unter Umständen mehrmals wiederholt, ohne Rücksicht darauf, was das genutzte Musikstück ursprünglich ausdrückt. Die Kompositionen werden zum Material degradiert. Filmzitat: "Weißt du, was ich manchmal denke? Es müsste immer Musik da sein. Bei allem, was du machst. Wenn's so richtig Scheiße ist, dann ist wenigstens die Musik da." (Absolute Giganten 1999) Aber wenn der Beitrag schon so richtig Scheiße ist, dann reißt das auch ein Song eines großartigen Künstlers nicht mehr raus.

Und nun vom Ton zum Bild. Wie zum Teufel kann man als Kameramensch auf die Idee kommen, das Gesicht eines Interviewpartners so in Großaufnahme, im Makrobild dem Publikum zu präsentieren, dass der Dermatologe eine exakte Diagnose aller Hauterkrankungen des Interviewten stellen könnte. Jede Pore, jedes Härchen, jeder Pickel kommen über den TV-Bildschirm ins Wohnzimmer der Zuschauer. Wer dann einen Fernseher mit Riesendisplay von etwa 88 Zoll oder etwas weniger sein eigen nennt, hat mit solchen Beiträgen seine private Horrorshow.

Eine weitere Unart der TV-Sender ist es, während einer Sendung am Bildrand plötzlich ungefragt Nachrichten aufpoppen zu lassen: dass irgend eine andere Sendung oder eine Serie demnächst auf diesem Sender folgt oder in der Mediathek abgerufen werden kann. Und neuerdings gleich mit nervigem Tonsignal, dass es zur Sendung einen Twitter-, Instagram- oder Facebook- und Sonstnochwas-Kanal gibt.

Und wenn die Sendung zu Ende ist, oder gleich zu Beginn einer Sendung, nervt eine weitere Untugend. Konnte man in früheren Zeiten froh sein, in den öffentlich-rechtlichen Kanälen von Reklame verschont zu sein, trifft das hier schon lange nicht mehr zu. Trailer zu zwei, drei kommenden Fernsehproduktionen werden da abgespult, minutenlang werden Zuschauer dazu genötigt, diese Werbung der Sender in eigener Sache über sich ergehen zu lassen.

Man hat es eben nicht leicht als Medienkonsument.